Typische Gründe bei Konflikten in der Beziehung – und was wirklich dahinter steckt
- Anja Schwenke

- 9. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Warum Streit in Beziehungen normal ist – und wie ihr ihn als Chance für Nähe und Verständnis nutzen könnt.

Streit gehört zu jeder Beziehung. Er ist kein Zeichen des Scheiterns, sondern oft ein Ausdruck davon, dass sich zwei Menschen noch etwas bedeuten. Doch wenn Konflikte immer wieder aufflammen oder immer dieselben Themen auftauchen, lohnt sich ein genauerer Blick: Worum geht es eigentlich wirklich?
Hinter vielen Beziehungsstreits und Konflikten liegen tieferliegende Bedürfnisse – nach Nähe, Sicherheit, Wertschätzung oder Autonomie. In der Paarberatung zeigt sich immer wieder: Was an der Oberfläche wie ein banaler Alltagskonflikt aussieht, ist in Wahrheit ein Versuch, gehört und verstanden zu werden.
1. Kommunikation & Missverständnisse
Oberfläche: „Du hörst mir nie richtig zu.“ / „Ich hab dir das doch gesagt!“
Tiefe: Oft geht es hier nicht um Worte, sondern um das Gefühl, nicht gehört oder verstanden zu werden.
Wenn Gespräche aneinander vorbeilaufen, entsteht Frust. Menschen streiten, wenn sie sich nicht gesehen, nicht ernst genommen oder emotional übergangen fühlen.
Möglichkeiten: Aktives Zuhören, Ich-Botschaften und ehrliches Nachfragen können Missverständnisse in Verbindung verwandeln.
2. Ungleichgewicht bei Nähe & Distanz
Oberfläche: „Nie hast du Zeit für mich.“ / „Ich brauch einfach mal Zeit für mich.“
Tiefe: Unterschiedliche Bindungsstrategien treffen aufeinander: Einer sucht mehr Nähe (ängstlicher Bindungstyp), der andere mehr Freiraum (vermeidender Typ).
Beziehung ist hier ein Tanz zwischen Autonomie und Verbundenheit – beide sind wichtig, um sich sicher und frei zugleich zu fühlen.
Möglichkeiten: Statt den anderen zu verändern, hilft es, eigene Bedürfnisse nach Nähe oder Rückzug zu ergründen und offen darüber zu sprechen – ohne Bewertung.
3. Alltagsorganisation & Mental Load
Oberfläche: „Immer muss ich an alles denken!“ / „Ich hab halt auch viel zu tun.“
Tiefe: Hinter solchen Sätzen steckt oft der Wunsch nach Wertschätzung, Fairness und Entlastung.
Wenn eine Person ständig die To-dos im Fokus hat und die andere weniger Verantwortung übernimmt, entsteht schnell das Gefühl, überfordert oder allein gelassen zu sein.
Möglichkeiten: Aufgaben bewusst aufteilen, offen über Belastungen sprechen und Dankbarkeit ausdrücken.
"Das was ihr in einer Paarbeziehung für den anderen Menschen macht, sollte sich wie ein Geschenk anfühlen, nicht wie eine Verpflichtung. Ihr habt ja keine Geschäftsbeziehung, sondern eine Liebesbeziehung."
4. Sexualität & Intimität
Oberfläche: „Du willst nie.“ / „Immer willst du.“
Tiefe: Unterschiedliche Bedürfnisse stehen häufig in Verbindung mit Scham, Zurückweisungserfahrungen oder Stress.
Sexualität ist kein reines Bedürfnis-Thema, sondern könnte zum Beispiel etwas mit emotionaler Nähe oder Distanz, verschiedener Lernerfahrungen oder veränderte Lebenssituationen zu tun haben.
Möglichkeiten: Ein offenes Gespräch über Wünsche, ohne Druck oder Vergleich, kann Intimität neu beleben. Zudem könnte man hier einmal gemeinsam zu einer Sexualberatung oder Sexualtherapie gehen, um sich bei diesem komplexen Thema Unterstützung zu holen.
5. Familie, Kinder & Erziehung
Oberfläche: „Du bist zu streng.“ / „Du bist zu nachgiebig.“
Tiefe: Oft prallen unterschiedliche Werte, Erziehungserfahrungen und Sicherheitsbedürfnisse aufeinander.
Paare geraten in Konflikt, wenn sie sich uneinig über ihre Rollen fühlen oder einer sich ausgeschlossen erlebt.
Möglichkeiten: Statt über „richtig oder falsch“ zu diskutieren, hilft es, gemeinsame Werte zu definieren – was wollt ihr euren Kindern mitgeben?
6. Eifersucht & Vertrauen
Oberfläche: „Mit wem schreibst du da?“ / „Du übertreibst total!“
Tiefe: Eifersucht ist selten reine Kontrolle, sondern Ausdruck von Angst vor Verlust oder Nicht-Genügen.
Es geht um Bindungssicherheit – das Bedürfnis, wichtig und einzigartig zu sein.
Möglichkeiten: Offen über Unsicherheiten zu sprechen, statt sie zu verbergen, schafft langfristig Vertrauen.
7. Unterschiedliche Lebensziele
Oberfläche: „Ich will Kinder, du nicht.“ / „Ich will wegziehen, du willst bleiben.“
Tiefe: Große Lebensentscheidungen lösen Identitätskonflikte aus.
Streit entsteht, wenn Paare nicht mehr dieselbe Vision teilen oder sich nicht trauen, über ihre Ängste und Wünsche zu sprechen.
Möglichkeiten: Regelmäßig über Zukunftsvorstellungen sprechen – ohne Druck, sondern mit Neugier.
Fazit: Konflikte in der Beziehung ist kein Zeichen von Scheitern – sondern von Verbindung
Konflikte in der Beziehungen von Paaren sind oft ein Versuch, wieder gehört, gesehen oder verstanden zu werden. Gefährlich wird es erst, wenn das Schweigen beginnt – wenn Resignation an die Stelle von Emotion tritt. Denn:
Hinter jedem „Du nervst mich“ steckt meist ein leises „Ich wünsche mir, dass du mich siehst.“
In der Paarberatung geht es genau darum: die Sprache hinter dem Streit zu verstehen – und Wege zu finden, sich wieder zu begegnen.
Wenn ihr merkt, dass eure Gespräche immer wieder an denselben Punkten scheitern, kann eine Paarberatung helfen, alte Muster zu verstehen und neue Wege zu finden. Ihr könnt gerne auch einen Termin direkt hier buchen:



